Rundreise zu den spektakulären Höhepunkten Indiens

Wir wollen in kurzer Zeit Indien intensiv und kompakt erleben. So haben wir eine organisierte Rundreise zu den spektakulären Höhepunkten des Landes gebucht. Auch wenn wir normalerweise lieber auf eigene Faust unterwegs sind.

Am frühen Abend kommen wir in Delhi an. Wir lassen uns mit einem Taxi vom Flughafen zu unserem Hotel am südlichen Stadtrand Delhis chauffieren. Der erste Eindruck ist schockierend, überfordert unsere Sinne. Verstopfte Straßen, Staubwolken in der Luft, Dreck auf der Straße. Menschenmassen überall, Männer auf Krücken und die Gesichter bettelnder Kinder am Wagenfenster. Das haben wir in dieser Massierung noch nie gesehen. Als dann noch der Strom ausfällt und in der Dunkelheit nur noch die Lichter der Autos zu erkennen sind, wird mir mulmig. Nichts Schönes, nichts Interessantes, nichts Einladendes zu sehen. Nur schummrige Umrisse von Gebäuden und schemenhafte Gestalten aus dem Taxifenster zu erkennen. Der erste Eindruck von Indien ist gruselig und unschön, doch wir sind positiv gespannt, was uns in Indien erwartet.

Von Delhi nach Jaipur

Heute wollen wir nach Jaipur fahren, Delhi werden wir am Ende unserer Rundreise noch intensiver kennen lernen. Sofort nach der Abfahrt unseres Busses begegnet uns wieder die unvorstellbare Armut, die im Straßenbild deutlich sichtbar ist. Beim Blick aus dem Busfenster sehen wir, dass viele Menschen nicht einmal ein festes Dach über dem Kopf haben. Einige leben in Zelten, andere haben eine Plane und manche nur den Sternenhimmel über dem Kopf. Vor allem der Anblick verwahrloster Kinder und stark verkrüppelter, bettelnder Gestalten ist für uns deprimierend. Wir wissen nicht so recht, wie wir damit umgehen sollen. Deshalb versuchen wir, das Elend so weit wie möglich auszublenden und uns an den vielen schönen und interessanten Sehenswürdigkeiten zu erfreuen.

Die Strecke von Delhi nach Jaipur ist zwar nur 260 Kilometer lang, aber wegen der Straßen- und Verkehrsverhältnisse benötigen wir hierfür rund sechs Stunden. Die Straße ist nahezu durchgängig vierspurig, wird jedoch auch von Fahrradfahrern, Ochsen- und Kamelkarren sowie zahlreichen Kühen, die hier als heilig gelten und Narrenfreiheit haben, benutzt. Überall wird gebaut und ausgebessert, Autos werden am Straßenrand repariert und die rechte Spur dient meist als Parkplatz für Lkws.

Jaipur, die Hauptstadt des Bundesstaates Rajasthan, wird wegen der ziegelroten Häuserfassaden und Stadtmauern auch „rosarote Stadt“ genannt. Die Farbe verschafft Jaipur ein besonderes Flair. Wir erhalten sofort nach unserer Ankunft eine Führung durch das Observatorium, die größte aus Stein und Marmor gefertigte Sternwarte der Welt. Die Sonnenuhr aus dem 18. Jahrhundert zeigt noch heute auf zwei Sekunden genau die Zeit an. Wir sind begeistert von den monumentalen geometrischen Elementen und den lebendigen Erläuterungen unseres lokalen Führers zu Astronomie und Astrologie. Anschließend geht es zum Stadtpalast, einer imposanten Anlage mit vielen Gebäuden aus Marmor und Sandstein, in der heute noch Mitglieder der ehemaligen Königsfamilie leben.

Einblicke in das Kastenwesen Indiens

Unser Reiseleiter spricht hervorragend Deutsch, er hat auch kurze Zeit in Deutschland gelebt. Die langen Busfahrten nutz er, um uns über die Geschichte, die Kultur, die Religion und auch die wirtschaftlichen, sozialen, politischen und gesellschaftlichen Probleme des Landes zu informieren. So erfahren wir, dass in Indien die Hälfte der Frauen und Mädchen nicht lesen und schreiben können. Millionen Kinder erhalten keine oder keine vollständige Schulausbildung, obwohl der Besuch öffentlicher Schulen kostenlos ist. Rund dreißig Prozent der Inder leben unterhalb der Armutsgrenze. Viele Kinder, oft auch unter 14 Jahren, müssen arbeiten, um einen Beitrag zum Unterhalt der Familie zu leisten. 

Breiten Raum nehmen die Erläuterungen unseres Reiseleiters über das Kastenwesen Indiens ein. Jeder Mensch in Indien wird in eine bestimmte Kaste hineingeboren und bleibt normalerweise ein Leben lang an diese gebunden. Das Kastenwesen dominiert die Gesellschaft auch noch im 21. Jahrhundert. Ganz unten stehen die „Unberührbaren“, die weitgehend vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen und besonders von Armut betroffen sind. Uns werden diese Denkweisen wie auch die vielfältigen Religionen und Mythologien Indiens immer fremd bleiben.

Die Eltern suchen auch heute noch die künftigen Ehepartner ihrer Kinder innerhalb der Kaste aus, berichtet unser Reiseleiter. Nur etwa drei Prozent der Eheschließungen sollen „Liebesheiraten“ sein, dafür betrage die Scheidungsrate auch nur ein Prozent, glaubt er. Auch seine Ehefrau sei von seinen Eltern ausgesucht worden. Auf meine Frage, ob er seine Frau denn liebe, ist er nicht vorbereitet und murmelt etwas von „gute Mutter“ und „ausgezeichnete Köchin“. Das Wort „Liebe“ kommt in seiner Antwort nicht vor. Wir diskutieren angeregt und kontrovers. Das aus unserer Sicht antiquierte Kastensystem entspricht nicht unseren Wertvorstellungen und auch nicht denen unserer Mitreisenden. Und die Macho-Positionen aus – wie wir glauben – längst vergangenen Zeiten stoßen bei uns auf offene Ablehnung. Aber die Erzählungen unseres Reiseleiters, seine profunden Kenntnisse über das gesellschaftliche Leben in Indien und die Rückblicke in die Geschichte des Landes sind ein wichtiger Baustein für den Erfolg unserer Rundfahrt.

Palast der Winde

Der „Palast der Winde“ ist das Wahrzeichen Jaipurs. Er verfügt über eine prachtvolle Fassade im traditionellen Rosarot, ist aber in Wirklichkeit kein Palast, sondern nur eine fünfstöckige Fassadenkonstruktion. Sozusagen „Potemkin“ auf Indisch. Hinter der Fassade gibt es Treppen, Emporen und Balkone. Von hier aus durften die Hofdamen die Prozessionen der Männer auf der Straße beobachten, ohne selbst gesehen zu werden. Wie ein Maharadscha fühle ich mich, als wir auf einem bunt bemalten Elefanten zum Fort Amber reiten. Wegen des bevorstehenden Neujahrsfestes dürfen die Elefanten nicht mit uns in die Burg, so marschieren wir das letzte Stück zu Fuß hinauf. Die Burg liegt malerisch auf einem Berg und fasziniert mit ihren Malereien in der Audienzhalle sowie den wunderschönen Intarsien im Spiegelpalast. Auch der Blick von oben auf die alte Stadt Amber mit den gewaltigen Befestigungsmauern zum Schutz vor Tigern und Leoparden ist beeindruckend.

Die ganze Geschichte lesen Sie in meinem Buch!